Faszientherapie

Die Faszientherapie ist Bestandteil der osteopathischen Behandlung.

Faszien sind seit den ersten Berichten in den Medien über die Ergebnisse des Faszienforschers Dr. Robert Schleip ein Thema, das immer mehr Interesse auf sich zieht und dem sich immer mehr Therapeuten widmen. In der Osteopathie hat die Behandlung der Faszien jedoch schon immer eine große Rolle gespielt. Denn schon der Begründer der Osteopathie, Andrew Taylor Still, postulierte, dass alle körperlichen Strukturen und Systeme sich gegenseitig beeinflussen. Und in den achtziger Jahren wurde von verschiedenen Osteopathen festgestellt, dass die Faszien des Körpers ein Kontinuum bilden. Dies spiegelt sich in der täglichen Praxis unter anderem darin wieder, dass der Ort der Beschwerden oft nicht mit dem Ort der Ursache identisch ist.

Was sind Faszien?

Faszien sind Umhüllungen für Muskeln, Nerven, Organe, Blut- und Lymphgefäße. Sie ermöglichen als Gleitflächen weitgehende Beweglichkeit. Faszien übertragen Spannungen im Körper und sind bei mangelnder Elastizität verantwortlich für Bewegungseinschränkungen im Körper. Alle faszialen Strukturen gehen ineinander über und bilden ein komplexes Geflecht aus Bindegewebe. Das heißt, sie verbinden die gesamte Vorder- und Rückseite des Körpers sowie alle äußeren und inneren Strukturen, ohne Unterbrechung.

Aufgabe der Faszien

Faszien geben somit dem Körper Struktur und halten den ganzen Körper zusammen. Sie schützen ihn aber auch als eine der ersten Schichten vor Eindringlingen und scharfen Gegenständen. Ebenso sind Faszien ein Puffer bei Stößen. Faszien sind aber auch ein Sinnesorgan. Sie haben viele feine Nervenrezeptoren, die ihre neu gewonnenen Informationen über die Spannung, den Ph-Wert, Stoffwechsel, etc. weiter ans zentrale Nervensystem leiten.Faszien können sich jedoch auch wie glatte Muskeln zusammenziehen (Schleip), so dass die fasziale Kontraktion sich auf die Muskulatur auswirken kann. Denn Dr. Schleip stellte bei seinen Forschungen unter anderem fest, dass Faszien sich bei Stress zusammenziehen. Steht man dauerhaft unter Stress kann dies zur Verhärtung und Verklebung von Faszienzügen führen und langfristig Fehlhaltungen nach sich ziehen. Diese wiederum können Verspannungen, Schmerzen oder auch chronischen Rückenbeschwerden zur Folge haben. Lokale fasziale Restriktionen können sich so auf den gesamten Körper auswirken und Stress auf jede andere Struktur ausüben, die von Faszien umgeben sind. Ein Teufelskreis. Dies erklärt, warum eine Veränderung an einer Stelle unseres Körpers spürbare Veränderungen in anderen, zum Teil weit entfernten, Körperteilen auslöst. Faszien sprechen sehr gut auf Druck und Zug an. Durch einen sanften, schmerzfreien Druck bzw. Zug mit den Händen lassen sich Faszien mobilisieren. Dadurch können Verspannungen sowie Verklebungen gelöst werden. Das kann tief und nachhaltig von Steifigkeit und Schmerzen befreien. Die Zirkulation von Blut und Lymphe kann angeregt und das Nervensystem entlastet werden.

Faszienbehandlung

Der Therapeut ertastet die Faszien im Körper auf ihre Spannungen und schließt daraus auf die Bewegungs – und Funktionsstörungen in einzelnen Körperbereichen. Diese werden dann mit dem Ziel der Balancierung der faszialen Spannung behandelt, um so Schmerzen zu lindern und die volle Funktion und Bewegung wieder herzustellen. Hierzu gibt es eine Fülle von osteopathischen Techniken, die von ganz sanft über dynamisch bis zu intensiv reichen. Oft werden die verschiedenen Techniken kombiniert, um so das bestmögliche Ergebnis zum Wohle des Patienten zu erreichen.

Im Bochumer Centrum für Osteopathische Medizin wenden wir sowohl ganz klassische Techniken im Bereich des faszialen Systems an als auch Techniken, die sich in erst in jüngerer Zeit entwickelt haben, d.h. wir fühlen uns der Tradition verpflichtet, bilden uns aber stetig fort, um auch modernen Entwicklungen Rechnung zu tragen. Beispielweise haben wir auch eine Ausbildung in FDM (Fasziendistorsionsmodell), in integrativer Faszientherapie und auch in IASTM (Instrument Assisted Soft Tissue Mobilization = instrumentengestützte Faszientherapie) sowohl mit dem Fazer® als auch dem Rockblade®.

Der Patient kann durch die Balancierung der faszialen Spannung symmetrischer werden. Zu Beginn kann sich dies für ihn jedoch so anfühlen, als ob er nach der Behandlung etwas „schräg“ wäre. Der Grund dafür ist, dass das zentrale Nervensystem eine gewisse Zeit benötigt, um die neu gewonnene, symmetrischere Haltung als besser und effektiver für den gesamten Körper einzustufen. Sobald das geschehen ist hat der Körper die neue, symmetrischere und damit auch effektivere Haltung durch die Behandlung integriert. Ebenso können nach einer FDM Behandlung, welche eher zu den intensiven und teilweise auch schmerzhaften Behandlungen zählt, auch schon mal Hämatome (Blutergüsse) auftreten. FDM kann in vielen Fällen jedoch sehr erfolgreich bei Schmerzen und Bewegungseinschränkungen sein (siehe weiter unten).

Im Rahmen der Faszienbehandlung wird der Patient nicht selten Übungen mit nachhause bekommen. Das können dann sowohl gezielte Dehnübungen als auch Übungen zur Reduktion der Faszienspannung sein. Denn: in der Osteopathie haben wir das Ziel solche Impulse zu setzen, dass der Körper des Patienten sich selbst heilen kann. Der Körper ist dazu umso besser in der Lage, je mehr der Patient dafür Sorge trägt bzw. getragen hat, dass sein Körper eine stabile Basis hat. D.h. der Patient sollte Verantwortung für sich und seinen Körper übernehmen. Hier kommen die drei Klassiker des körperlichen Wohlbefindens zur Anwendung: Ernährung, Bewegung/ Sport, innere Ausgeglichenheit. Je besser und ausgewogener die Ernährung, die Bewegung und die innere Ruhe, desto weniger Stress haben Körper und Seele und desto weniger Spannungen gibt es. Das ist nichts Neues. Aber diese Grundsätze werden auch in der Osteopathie angewandt. Schließlich ist die Osteopathie ein ganzheitliches System. Durch eine Faszien-Therapie können sich alte Bewegungsmuster ändern, was zu mehr Ausgewogenheit im Körper führen kann.

Osteopathie ist eine ganzheitliche Therapie

Auch wenn im Rahmen des Artikels bestimmte Teilbereiche oder Behandlungsformen (z.B. die Faszientherapie) besonders hervorgehoben wurden sei jedoch erwähnt, dass die Osteopathie eine ganzheitliche Therapieform ist. Darum konzentriert sich eine osteopathische Behandlung weder auf einzelne Symptome noch auf bestimmte Techniken oder Teilbereiche, sondern immer auf den ganzen Menschen.

Faszientherapie nach Typaldos

Stephen Typaldos beschreibt und klassifiziert in seinem Faszien-Distorsions-Modell (FDM) bereits 1991 insgesamt sechs verschiedene Verformungen und Verdrehungen bzw. „Distorsionen” der Faszien, die dann zu entsprechenden Beschwerden und Schmerzen führen. Er hat gleichzeitig eine völlig neuartige Behandlung der einzelnen Faszien-Distorsionen entwickelt, die sich gezielt an den vom Patienten geschilderten und gezeigten Beschwerden orientiert. Mit der Rückführung der verdrehten oder verformten Faszien in die Ausgangsposition verschwinden auch die Beschwerden oder werden zumindest deutlich gemindert. Eine komplizierte Diagnostik oder aufwändige bildgebende Verfahren mit CT oder MRT sind für den Therapeuten in der Regel nicht zwingend notwendig. Die Behandlung erfolgt ausschließlich anhand der Anamnese und Untersuchung des Patienten. In der FDM behandelt der Therapeut also die Faszien im gesamten Bewegungsapparat. Sie kommen dort bandartig, spiralförmig oder als glatte bzw. gefaltete Faszien vor. Es ist eine rein manuell ausgeführte Therapie, andere Hilfsmittel sind in der Regel nicht notwendig. Meist sind mehrere Behandlungen erforderlich, je nach Art und Dauer der Faszien-Distorsionen ist diese durchaus manchmal recht schmerzhaft, aber hoch effektiv.

Ablauf und Dauer der Faszientherapie nach Typaldos

Die FDM-Behandlung erfolgt nach der Befragung des Patienten nach Art und Lokalisation der Beschwerden und nach einer symptomorientierten, körperlichen Untersuchung durch den FDM-Therapeuten. Sie werden zunächst ruhig und entspannt gelagert, meist liegend, aber es sind häufig auch andere Behandlungs-Positionen wie beispielsweise im Sitzen oder auch im Stehen möglich. Da in den meisten Fällen mehrere Störungen bzw. Faszien-Distorsionen zu finden sind, werden diese in einer bestimmten Reihenfolge behandelt, es können auch nicht immer alle Distorsionen gleichzeitig während einer Behandlung korrigiert werden, sodass eigentlich fast immer mehrere Behandlungstermine notwendig sind. Einige der FDM-Techniken sind relativ schmerzhaft, andere wiederum völlig schmerzfrei, je nachdem, welche Art von Faszien-Distorsion behandelt wird und auch teilweise abhängig davon, wie lange die Beschwerden bereits bestehen. Normalerweise dauert eine FDM-Behandlung ca. zwischen 25 Minuten und 50 Minuten. Die Dauer einer Behandlung kann unterschiedlich sein, je nachdem wie viele unterschiedliche Faszien-Distorsionen vorliegen und natürlich auch, an wie vielen Körperregionen sie zu finden sind. Bei vielen Patienten ist es nicht ungewöhnlich, dass nicht nur an einer einzigen Körperstelle Beschwerden gezeigt und geschildert werden.

Welche Nebenwirkungen gibt es?

Wie bereits erwähnt sind manche Techniken in der FDM recht schmerzhaft für die Patienten, der FDM-Therapeut sich wird allerdings immer an der individuellen Schmerztoleranz des Patienten orientieren und erfahrungsgemäß empfinden die Patienten die Behandlung trotzdem im gewisser Weise als wohltuend. Weil bei manchen Faszien-Distorsionen schon lange bestehende Verdrehungen und Verklebungen mit großem Kraftaufwand vom Therapeuten gelöst werden müssen, sind häufiger auch Hämatome (Blutergüsse) in der Haut und im Bindegewebe nach der Behandlung zu beobachten, die aber ansonsten harmlos sind. Es gibt allerdings Einschränkungen bei Patienten, die unter einer Marcumar-Therapie stehen oder vergleichbare Medikamente zur Gerinnungshemmung einnehmen sowie bei Patienten mit kritischen Hautverhältnissen z.B. durch langjährige Cortison-Einnahme oder bei offenen Stellen und Wunden in der zu behandelnden Körperregion. Ansonsten sind bei korrekter Ausführung der FDM-Techniken keine ernsthaften Nebenwirkungen zu erwarten.